Wendung nach einer Stunde
Wie angekündigt fuhr die Borussia personell gebeutelt zum Tabellendritten. Auf dem großen Kunstrasen des Siegburger SV 04 musste Trainer Wilfried Hannes aus der Not heraus eine Viererabwehrkette aufbieten, die so noch nie zusammen agierte. Poongbeom Lee (rechts) und Moritz Kraus sollten die Außen schließen, Gérard Sambou und Alexandru Daescu das Zentrum dicht machen. Trotz der damit verbundenen Anpassungen hatten die Freialdenhovener gegen die insbesondere in der Offensive gefährlichen Gastgeber, die sich früh mit platzierten Distanzschüssen anmeldeten, die erste Halbzeit fast vollständig im Griff. In einer ersten Torszene schloss der von Wolfgang Nock bediente Pascal Schneider zu früh ab und konnte somit den abgeklärten Siegburger Schlussmann Michael Vogel nicht überwinden (13.).
Dessen Gegenüber Tobias Werres entschärfte einige, primär auf den zweiten Pfosten geschlagene Standardsituationen, ehe der Borussen-Keeper in der 24. Minute hinter sich greifen musste: Julian Fälber stürmte von der halbrechten Seite alleine auf ihn zu. Vorausgegangen war ein abgefangenes Zuspiel von Daisuke Takai auf Yannick Kuhnke. Die Schwarz-Weißen fanden eine gemeinsame Antwort, taten nochmals mehr fürs Ballbesitz-Konto. Eine Flanke von Kraus köpfte Kevin Kruth an die Unterkante der Latte. Wenig später flog der Ball bei einer Schneider-Ecke von Kruths Stirn aus etwa elf Metern ins Netz (28.). Mit seinem 15. Saisontreffer überflügelte Kruth seine Vorjahresausbeute – und legte gleich noch einen Assist zur 2:1-Führung nach: Beim Pass von Philipp Simon sprang die Kugel zwar möglicherweise an seine Hand, anschließend aber setzte er vom Strafraumeck mustergültig Schneider in Szene, der aus kurzer Entfernung mit dem Außenrist vollendete (41.). Zur Pause herrschte gute Laune bei den Freialdenhovener Fans, die die gute Hälfte der nur 40 Zuschauer in der 40.000 Einwohner-Stadt stellten. Verdientermaßen führte die Hannes-Elf aufgrund ihrer eindeutig größeren Spielanteile.
Zum Wiederanpfiff wurde der zum Heimspielabschluss gegen Hürth (Sonntag, 15.00 Uhr) mit fünfter Gelben Karte fehlende Kuhnke durch Oskar Tkacz ersetzt. Der 25-Jährige schickte gleich Schneider auf die Reise. Weil die Siegburger Abwehr sehr hoch stand, steuerte Schneider kaum noch bedrängt auf den gegnerischen Kasten zu. Seinen Schuss holte der SSV-Keeper mit dem ausgestreckten Fuß aus der langen Ecke (49.). Hannes regte sich an der Seite fürchterlich auf, dass der frei in der Mitte postierte Kruth das Leder nicht bekam. Schon am Pfingstsonntag in Hennef (0:2) sah der Fußballlehrer „eigensinnige Momente“ seiner Mannschaft. Schlimmer noch, dass sich die Schützenhilfe für den Gegner wiederholen sollte. So behinderten sich Werres und Tkacz bei einem hohen, diagonalen Schlag von Daniel Lingen gegenseitig. Der kleine Siegburger Außenverteidiger Markus Wipperfürth bedankte sich mit einem Kopfball zum 2:2 (62.).
Fortan nahmen die Geschehnisse eine Wendung: Die Borussen konnten nicht mehr zulegen und Siegburg glänzte mit gnadenloser Effektivität. Wipperfürth hängte auf der linken Seite den ausgerutschten Tkacz ab und lieferte die Vorarbeit für den einschiebenden Zakaria Harrach (69.). Ein Tor des erstmals nach seinem USA-Studium wieder auflaufenden Jan-Niklas Schregel zählte wegen Abseits nicht und sollte die letzte Offensiv-Duftmarke gewesen sein (74.). In der 81. Minute drehte sich Siegburgs Felix Heinz an der Strafraumgrenze und jagte das Leder unhaltbar mit dem linken Fuß in den Winkel – 4:2. „Was meine Mannschaft in der zweiten Halbzeit leistete, war sensationell“, rieb sich SSV-Coach Kinan Moukhmalji über den nun deutlichen Zwischenstand selbst die Augen. Zusätzlich blieb Siegburgs Goalgetter Fälber einmal mehr eiskalt, tanzte nach einem langen Ball aus der Abwehr Sambou und Daescu aus und erzielte das 5:2-Endresultat (90.). „Wir gaben das Spiel quasi freiwillig aus der Hand nach einer von uns dominierten ersten Halbzeit mit unserer Pausenführung“, war Hannes nach dem Abpfiff aufgebracht.
Aufstellung: Werres – Lee, Daescu, Sambou, Kraus – Simon, Takai, Nock (67. Schregel) – Kuhnke (46. Tkacz), Kruth, Schneider (77. Güler)
Tore: 1:0 Fälber (24.), 1:1 Kruth (28.), 1:2 Schneider (41.), 2:2 Wipperfürth (62.), 3:2 Harrach (69.), 4:2 Heinz (81.), 5:2 Fälber (90.)
Gelbe Karten: Kraus, Kuhnke
Schiedsrichter: Weirich (Bergisch Gladbach)